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Fünf Fragen an Felicitas von Kyaw, Geschäftsführerin People & Culture und Arbeitsdirektorinbei der Coca-Cola European Partners Deutschland GmbH

Bislang hat sich im Change Mnagement noch kein Konzept als ultimativ richtig erwiesen. Veränderungen in Organisationen verlaufen höchst unterschiedlich. Deshalb sind die Erfahrungen, Erlebnisse und Eindrücke der Verantwortlichen auch so verschieden. Uns interessiert die persönliche Perspektive von erfolgreichen Managern und Managerinnen. Diesmal stellt sich Felicitas von Kyaw unseren fünf Satzeröffnungen.

Meine bislang größte/wichtigste Business-Transformation war …

… eine konzernübergreifende Reorganisation als Beraterin bei Capgemini Consulting eine konzernübergreifende Reorganisation bei meinem späteren Arbeitgeber und damaligen Auftraggeber Vattenfall, einem schwedischen und in Europa etablierten Energieversorger. Neben der Verankerung von Change Management als integralem Bestandteil auch zukünftiger Veränderungsprogramme galt es, die Management- und Organisationsstrukturen für einen integrierten und am Markt ausgerichteten Konzern zu schaffen sowie dabei 8.500 Mitarbeitende auf diesem Weg bestmöglich zu begleiten.

Veränderungen von Unternehmen sind aus meiner Erfahrung im Wesentlichen geprägt durch …

… Menschen („the human factor“): Es menschelt, auch bei Veränderungen. Entscheidend sind (zumeist Führungs-)Persönlichkeiten, die mittels ihrer Kraft Veränderung als Vorbild und Überzeugungsträger vorantreiben.

Emotionen („the road to happiness is always under construction“): Neue Wege identifizieren und zu gehen, bedeutet Umstellung. Gefühle sind als Herzstück von Veränderungen häufig unterschätzt, machen jedoch den Unterschied.

Dynamiken („always expect the unexpected“): Unerwartetes gehört zu jeder Transformation und jedem Projektgeschehen. Nie läuft alles wie geplant.

Und weiterhin verbreitet: die (trügerische) Hoffnung, der Change sei etwas Einmaliges. Veränderung jedoch ist als kontinuierlicher Prozess mehr denn je eine Konstante.

Die drei wichtigsten Erfolgsfaktoren von Change Management sind für mich …

… Die Bestimmung: Organisationen brauchen Purpose als Energiequelle der Transformation. Purpose bietet Identifikation für die Belegschaft und Differenzierung im Wettbewerb. Nichts verbindet mehr, als Teil eines größeren Ganzen zu sein und eine gemeinsame Orientierung zu haben. Dabei ist die Antwort auf die Frage „Warum (Veränderung)?“ zentraler Ausgangspunkt der gemeinsam getragenen Ausrichtung. Dieser „gute Grund“ für den Wandel sollte sich idealerweise in einen sinnstiftenden Purpose der Organisation übersetzen lassen. In einen, der neben dem Verstand auch an das Herz appelliert.

Die Führung: Veränderung braucht Glaubwürdigkeit, Geschlossenheit und umsichtige, empathische Vermittlung. Gefragt sind die Qualitäten eines „Explorers“ bei der (Forschungs- und Entdeckungs-)Reise ins Unbekannte: Aufbruch, Entdecken und Erobern der neuen „VUCA“-Welt(en). Die bisherige Rolle des „Reiseleiters“ wird als die eines Entdeckers, Pfadfinders und Scouts neu ausgeschrieben, der im Team erkundet und experimentiert, dabei aber Orientierung vermittelt.

Die Einbindung: Wer bei der Veränderung und Zukunftsausrichtung mitmachen und co-kreieren kann, ist (Mit-)Gestalter und Macher. Da Veränderung und Innovation mehr denn je die permanente Bereitschaft bedeutet, neue Wege zu gehen, ist das kontinuierliche Hinterfragen und Verbessern des Status quo von allen gefragt. Auf der persönlichen Ebene ist es dabei hilfreich, mutig, neugierig und offen für Neues zu sein.

Nicht alles gelingt. Was ich bei Veränderungen in meiner Verantwortung künftig anders machen werde oder was ich durch Lernen aus früheren Fehlern heute bereits anders mache, ist …

… „Change changes“, Change Management ebenso. Heute sprechen wir von Roll-in statt Roll-out, Pull statt Push, Experimentieren statt Planen, Wollen statt Müssen. Das sind wichtige Elemente, um nachhaltig Wirkung zu entfalten und Verhaltensweisen zu verändern, zumindest wenn es sich nicht um „harte“ Einschnitte wie Restrukturierungen handelt. Co-Creation und Collaboration sind die Schlüsselwörter.

Im Vordergrund steht, Mitarbeitende zum Mitmachen zu ermutigen, Teil der Bewegung zu werden unter anderem über:

  1. Pilotprojekte – iterativ vorgehen, testen und in Teilbereichen pilotieren, Erfolgserlebnisse und schnell Ergebnisse schaffen.
  2. „Coalition of the willing“ – Fokus auf die Befürworter legen, Follower kreieren, Mehrheiten schaffen.

Dazu ist eine entsprechende Fehlerkultur wichtig („making failure happen in a safe environment helps to prepare for the unexpected“). Neue Rituale, Artefakte und Storytelling helfen dabei, den Change in der Organisation zu verankern.

Mein persönlicher Tipp an eine Führungskraft, die Verantwortung für ein Veränderungsprojekt übernimmt, lautet:

Stellen Sie sich persönlich mit Ihrer ganzen Energie und Überzeugungskraft hinter die Veränderung, kommunizieren Sie wiederholt, offen und menschlich, bleiben Sie so flexibel wie notwendig und gleichzeitig „heiter beharrlich“ sowie ausdauernd bei der Umsetzung. Veränderungen müssen gemeinsam getragen, gelebt und gemacht werden. Dazu gehört: Transparenz und Perspektive herstellen, Chancen aufzeigen, Mitwirken ermöglichen. Neue Wege zu gehen, verlangt einen gemeinsamen Kraftakt aller Beteiligten – frei nach dem Motto: „Für Wunder muss man beten, für Veränderungen muss man arbeiten“ (Thomas von Aquin).

Autorin:

Felicitas von Kyaw arbeitet bei Coca-Cola European Partners Deutschland als Geschäftsführerin Personal und Arbeitsdirektorin (Vice President People & Culture). Davor war sie beim schwedischen Konzern Vattenfall als Vice President People in der europaweiten Business Area Customers & Solutions bzw. als Corporate Vice President Organizational Development & Change Management tätig. Bei der internationalen Management-Beratung Capgemini Consulting wirkte sie als Head der Change Management Practice. Sie ist systemische Beraterin, Coach sowie seit mehreren Jahren im Präsidium des Bundesverbands der Personalmanager (BPM). Felicitas von Kyaw ist außerdem im Beirat des Magazins changement.